Die Orchesterwarte des hr-Sinfonieorchesters Im musikalischen Untergrund

"FarbTöne" lautet der Titel des diesjährigen "Music Discovery Projects", dem Konzertevent des hr-Sinfonieorchesters mit Klassik und Pop am 1. und 2. Februar. An dem Erfolg arbeiten nicht nur die herausragenden Musikerinnen und Musiker mit, sondern auch drei Männer im Untergrund: die Orchesterwarte. Ein Besuch im Instrumentenkeller.

Ein Bläser des hr-Sinfonieorchesters sitzt im Frack hinter der Bühne zwischen vielen Transportkisten mit Musikinstrumenten
Kisten fürs Konzert: Noch bevor der erste Takt eines Sinfoniekonzerts erklingt, haben die Orchesterwarte ganze Arbeit geleistet, unzählige Instrumente transportiert und auf der Bühne aufgebaut. Bild © hr/Laura Rodriguez

"Ob Asien oder Europa – ich kenne jede Bühne!", sagt Hardin Hass. Die Keller darunter kennt er auch. Im Untergrund des Frankfurter Funkhauses läuft er vorbei an Pauken, Glockenspielen auf Rollwagen, Metallschränken und beklebten Transportkisten. In einer Ecke hängen schwarze Fräcke, in der anderen stehen glänzende Flügel – gesichert hinter Gittern. Der Orchesterwart durchquert den Instrumentenkeller des Hessischen Rundfunks.

Orchesterwart Hardin Hass misst ein Tasteninstrument aus.
Wo passt das Instrument auf die Bühne? Orchesterwart Hardin Hass überprüft jedes Detail. Bild © hr/Rachel Gerczikow

Seit 25 Jahren betreut Hardin Hass die hr-Sinfoniker. Seine Kenntnisse sind begehrt. "Oft fragen mich Kollegen, wie zum Beispiel die Bühne in Tokio beschaffen ist, oder wie das Licht im Saal ist." Ein Orchesterwart muss so etwas wissen, da er mit dem Dirigenten festlegt, wo auf der Bühne welche Musikerinnen und Musiker sitzen oder stehen werden. Mit seinen beiden Orchesterwartskollegen Alexander Plantz und Kimon Roggenbuck organisiert Hardin Hass den Auf-, Um- und Abbau der Instrumente in Proberäumen und Konzertsälen – inklusive Beiwerk wie Stühle und Notenständer. Auch kümmern sie sich um Wartung und Transport der oft mehrere Zehn-, teils Hunderttausende Euro teuren Musikinstrumente. Der Job fordert das ganze Team – vor allen in Zeiten wie diesen.

Das Music Discovery Project 2019 "FarbTöne" des hr-Sinfonieorchesters steht an. Die Sinfoniker treten mit dem Latino-Star Alvaro Soler auf. "Diesmal geht es zwar nicht ins Ausland, sondern zur Jahrhunderthalle in Frankfurt-Höchst", sagt Hardin Hass, "aber trotzdem müssen große Instrumente transportiert, muss der Raum dort vorbereitet werden.“ Unterstützt wird der Teamleiter dabei von Alexander Planz und Kimon Roggenbuck. Jeder im Team kann alles und hat gleichzeitig sein Spezialgebiet. "Ich bin dabei, wenn die Instrumente für die Musiker vorbereitet und aufgebaut werden", erklärt Planz, "vor allem das Schlagzeug." Er ist für den Aufbau des komplizierten Instrumentariums zuständig. Große Trommeln, kleine Trommeln, Becken. "Selbst der Stuhl muss genau auf den Spieler abgestimmt sein."

Trockenheit bekommt den Instrumenten nicht

Stage-Management: die Orchesterwarte des hr-Sinfonieorchesters Hardin Hass, Kimon Roggenbuck und Alexander Planz (von links
Stage-Management: die Orchesterwarte des hr-Sinfonieorchesters Hardin Hass, Kimon Roggenbuck und Alexander Planz (von links) Bild © hr/Rachel Gerczikow

Hardin Hass muss sich nun mit Plexiglaswänden und Raumbefeuchtern beschäftigen und eilt ins Büro. "Das Music Discovery Project ist ein klassisches Konzert, das als Pop-Event daherkommt. Das heißt: Es wird laut, dunkel und neblig." Das stellt besondere Anforderungen. Damit die hr-Musiker ihr eigenes Instrument hören können, lässt Haradin Hass um sie herum Glaswände aufbauen. Künstlicher Nebel und große Scheinwerfer sorgen für Trockenheit. Das bekommt den Instrumenten nicht. "Sie brauchen 50 Prozent Luftfeuchtigkeit." Der Orchesterwart plant, im Raum ein Luftbefeuchtungsgerät zu installieren. Zudem sollen die Musiker wassergefüllte Gummischläuche in ihre Instrumente stecken. "Kein Witz!", beteuert Hardin Hass.  

Hinter dem Sendesaal kommt ihm Kimon Roggenbuck, entgegen, mit Partituren von Ravel, de Falla und Vivaldi unterm Arm. Deren Musik wird den fröhlich-entspannten Songs von Soler gegenüberstehen. "Am Anfang der Arbeitswoche treffe ich mich mit dem Archivar und lasse mir die Noten geben, um dann jede Stimme, ob Flöte, Geige oder Triangel, in die Mappen einzusortieren", sagt Roggenbruck. Mappen, die später bei Probe und Konzert auf den Ständern der Musiker liegen. Die Arbeit des Notenwarts erfordert Konzentration.

Mit selbstgebauten Transportkisten auf Tour

Kimon Roggenbuck ist der einzige im Team, der früh einen Bezug zu seinem jetzigen Beruf hatte. Sein Vater war Mitglied im damaligen hr-Rundfunkorchester und spielt heute im hr-Sinfonieorchester. Hardin Hass kam als Aushilfe zum hr und verliebte sich in den Job. Vor allem die Auslandsreisen haben es dem Teamleiter angetan. "In Asien werden wir gefeiert wie Popstars!" Klassische Musik ist dort sehr angesagt. Für das Background-Team gibt es vor dem ersten Takt jedoch viel zu tun: Wertvolle Instrumente müssen, ohne Schaden zu nehmen, in Flugzeuge verfrachtet werden. "Ich habe eigens dafür Transportkisten entwickelt."

Überhaupt ist es die Aufgabe der drei Orchesterwarte, Aufregung von den Musikern fernzuhalten. Das gilt bis ins kleinste Detail. Blutet kurz vor dem Konzert eine Nase, organisieren sie einen Arzt. Löst sich vom Frack ein Knopf, nähen sie ihn im Seiteneingang der Bühne schnell wieder an. Hardin Hass bringt den Beruf des Orchesterwarts so auf den Punkt: "Wir nehmen den Musikern so viel Spannung wie möglich, damit sie künstlerisch ihre maximale Leistung geben können."

Weitere Informationen

Music  Discovery Project 2019: “FarbTöne”

Freitag, 1. Februar, und Samstag, 2. Februar, jeweils 20 Uhr, Jahrhunderthalle Frankfurt-Höchst. Mit dem hr-Sinfonieorchester und dem spanischen Latinopop-Sänger Alvaro Soler; Musik von Maurice Ravel, Manuel de Falla, Antonio Vivaldi und Songs von Soler; Leitung: Jean-Christophe Spinosi. Mehr Infos zum Music Discovery Project. Beide Konzerte sind bereits ausverkauft. Es gibt aber einen Video-Livestream am Samstag, 2. Februar, auf hr-sinfonieorchester.de und youfm.de

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Quelle: Hessischer Rundfunk