Konzert "Die Geschichte vom Soldaten" mit "Tatort"-Schauspieler Wolfram Koch Teuflischer Pakt: die Geige, das Schlagzeug und der Kommissar
Der Pakt zwischen Mensch und Teufel – darum geht es beim Kammerkonzert am Sonntag, 18. November. Neben Musikern des hr-Sinfonieorchesters mit dabei: "hr-Tatort"-Schauspieler Wolfram Koch. Was macht das Konzert so außergewöhnlich?
Igor Strawinskys "Die Geschichte vom Soldaten" feiert 100. Geburtstag. Am Samstag, 18. November, ist die kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs uraufgeführte Szenenfolge – mit Lesung, Aktion und Pantomimik – im hr-Sendesaal zu erleben. Das Werk ist für ein kleines, aber durchaus außergewöhnliches Kammerensemble geschrieben. Inhaltlich greift es ein altbewährtes wie vielschichtiges Thema auf: den Pakt zwischen Mensch und Teufel.
Wie es zu dem Kammerkonzert mit Krimi-Kommissar kam und was das Publikum erwartet, erzählen Daniel Mohrmann und Karin Hendel. Er ist seit 2015 stellvertretender Solo-Fagottist im hr-Sinfonieorchester. Sie dirigiert das Stück. Seit 1984 war Hendel Geigerin im hr-Sinfonieorchester, seit einiger Zeit widmet sie sich auch intensiv dem Dirigieren.
Wie kam es zur Konzertproduktion und zur Besetzung von Wolfram Koch als Erzähler?
Daniel Mohrmann: Maximilian Junghanns, der Geiger, und ich wollten diese Produktion machen, das war allerdings nicht einfach durchzusetzen. Es war ein Glücksfall, dass das Jubiläum da ist und wir so die Chance hatten, das Ganze realisieren zu können. Die Idee, das Stück mit Wolfram Koch aufzuführen, kam von Hörfunkdirektor Heinz-Dieter Sommer. Und dann hat Wolfram Koch zugesagt – und jetzt machen wir das.
Karin Hendel: Parallel dazu hatte ich auch schon angefragt, ob ich "Die Geschichte vom Soldaten" aufführen könnte, weil ich das Stück gerne dirigieren wollte, und dann kam das alles plötzlich zusammen.
Was bedeutet das fürs Dirigieren? Und was erwartet das Publikum?
Karin Hendel: Für mich ist das eine sehr schöne Aufgabe, weil es die rhythmischen Komplikationen von einem großen Strawinsky-Stück hat, ich aber vor einer Kammermusikgruppe stehe, sodass ich das miteinander Musizieren an manchen Stellen einfach nur unterstützen muss. Es sind so wenige Personen, dass man sich als Dirigentin auch gelegentlich zurückhalten kann.
Daniel Mohrmann: Und du hast einen Nicht-Musiker dabei, den Schauspieler Wolfram Koch, den du auch dirigieren musst.
Karin Hendel: Er wird sicher mit verstellter Stimme sprechen, um den Unterschied zwischen Teufel, Prinzessin, Soldat und Sprecher deutlich zu machen. Das wird spannend: Es gibt Sätze, die wirklich für den Sprecher auskomponiert sind, wo er im Rhythmus mit den Musikern sprechen muss. Aber er ist so ein guter Schauspieler, da habe ich vollstes Vertrauen.
Was macht dieses Kammerspiel so außergewöhnlich?
Daniel Mohrmann: Es ist mittlerweile ein Klassiker, das Stück ist hundert Jahre alt. Uns kommt es heute ganz normal vor, aber man muss sich vorstellen, aus welcher Musiktradition die Leute Ende des Ersten Weltkrieges kamen, nämlich der Oper. Das hieß: Wagner und Verdi, Opulenz und dickes Orchester. Das Stück ist zwar wie eine kleine Oper gedacht, das Orchester besteht aber nur aus sieben Leuten.
Karin Hendel: Strawinsky hat mit einem befreundeten Dramaturgen und Dichter die Idee gehabt, so etwas wie eine kleine Wanderbühne auf die Beine zu stellen, auch aus Kostengründen. So kam es zu Aufführungen, bei denen man mit sieben Musikern, wenigen Schauspielern und einer kleinen Bühne von Stadt zu Stadt reisen konnte. Auch von der Besetzung her hat es Strawinsky genial gelöst, weil er von jeder Instrumentengruppe des Orchesters ein hohes und ein tiefes Instrument benutzt hat. Es gibt die Geige, die Trompete, die Posaune, die Klarinette sowie das Fagott. Und das Schlagzeug ist dabei. Alle Farben, die es im Orchester gibt, sind also vorhanden.
Daniel Mohrmann: Aber die Mittellage fehlt und dadurch entsteht dieser volkstümliche, schroff klingende Eindruck. Es ist überhaupt nicht dieses romantische, dicke Orchester, sondern es ist klar und sachlich. Das Außergewöhnliche an dem Stück ist, dass es alles gleichzeitig ist: Kammermusik, Oper und Sprechgesang. Es ist etwas Brecht'sches und etwas episches Theater. Diese reduzierte Fassung und das ganze Disparate, dieses Volkstümliche, das ist das Besondere.
Die Violine und das Schlagzeug spielen eine große Rolle. Welche Bedeutung haben sie für das Stück?
Daniel Mohrmann: Die Geige hat natürlich die Hauptrolle, das muss man klar sagen. Sie ist das Symbol und das Objekt von dem Teufelspakt.
Karin Hendel: Als der Soldat die Geige verliert, hat er seine Seele an den Teufel verkauft. Die Geige steht stellvertretend für den Soldaten und seine Seele. Als er sie wieder gewinnt, ist er sozusagen auf der anderen Seite des Paktes. Denn der Teufel ist sehr interessiert daran die Geige zu bekommen, um die Möglichkeit zu haben, die Menschen zu verzaubern. Oder zu heilen, wie es im Fall der Prinzessin geschieht. Er bietet dem Soldaten das in die Zukunft sehende Buch an, das ist die klassische Faust-Geschichte.
Karin Hendel: Das Schlagzeug stellt im weitesten Sinn auch die Teufelei dar. Erstens steht es schon da, mit vier bis fünf Instrumenten, und es hat selbst schon viele Farben. Was mir sehr gut gefällt, dass in dem Stück verschiedene und damals gängige Genres wie Marsch, Tango, Walzer und Ragtime verarbeitet werden.
Daniel Mohrmann: Das Schlagzeug ist zwar eine Art Solo-Instrument, aber der Geigenpart ist der anspruchsvollste, er ist teuflisch schwer.