Porträt Hölderlin in Hessen
In Hessen hat Friedrich Hölderlin entscheidende Jahre seines Lebens verbracht: als Hauslehrer in Frankfurt, wo er sich in die Mutter seines Schülers verliebte, und als Schutzsuchender in Bad Homburg, wohin er floh, nachdem der Hausherr von seinem Verhältnis erfahren hatte.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Goethe-Haus am Frankfurter Großen Hirschgraben stand im 18. Jahrhundert das Haus "Zum Weißen Hirsch". Das riesige Anwesen mit mehreren Gebäuden und einem ausgedehnten Garten nahm einen guten Teil der heutigen Innenstadt ein: Heute befinden sich auf dem Gelände unter anderem der Kaiserplatz, das Hotel Frankfurter Hof und der Commerzbank-Turm.
Leidenschaftliche Liebe
Besitzer des Anwesens war die Familie Gontard: Mit Susette Gontard und ihrem Mann, dem Bankier Jakob Friedrich Gontard, ist Friedrich Hölderlins Schicksal eng verbunden. 1796 wurde Hölderlin Hauslehrer für den achtjährigen Henry Gontard – und verliebte sich leidenschaftlich in seine Mutter.
Die Beziehung konnte nicht gutgehen, als der Hausherr davon erfuhr, musste Hölderlin seine Stelle als Lehrer umgehend aufgeben und flüchtete sich 1798 nach Homburg (heute: Bad Homburg), wo ihm sein Freund Isaac von Sinclair eine Wohnung verschaffte.
Fast zwei Jahre lang lebte er hier und lief in dieser Zeit jeden ersten Donnerstag im Monat zu Fuß 22 Kilometer weit nach Frankfurt, um die Geliebte zu treffen. Ihr Stelldichein fand im Sommerhaus der Familie Gontard statt, dem Adlerflychthof am Oeder Weg. 2008 wurde der Weg zwischen Bad Homburg und Frankfurt als "Hölderlinpfad" ausgebaut.
Isaac von Sinclar, ein Schriftsteller und begeisterter Demokrat, war in Homburg bis zum Geheimen Rat aufgestiegen und führte zeitweise sogar die Regierungsgeschäfte. Von 1804–1806 lud er Hölderlin noch einmal in den Taunus ein und finanzierte ihm hier eine Stelle als Hofbibliothekar der landgräflichen Bibliothek, die Hölderlin jedoch nur pro forma bekleidete.
Schaffenszeit in Bad Homburg
Dem Dichter blieb genug Zeit, einige seiner wichtigsten Werke zu vollenden, darunter das Trauerspiel "Der Tod des Empedokles" und den zweiten Teil seines Briefromans "Hyperion“, in dem die Figur der "Diotima" eindeutig von Susette Gontard inspiriert ist. Außerdem genoss er die "Schönheiten der Gegend".
Die Erholung, die der Dichter in Homburg fand, konnte seine Erkrankung nicht aufhalten. Nachdem gegen Sinclair ein Prozess wegen Hochverrats angestrengt worden war, in dem zeitweise auch gegen Hölderlin ermittelt wurde, urteilte ein Homburger Arzt, Hölderlin sei "zerrüttet", sein "Wahnsinn" sei in "Raserei" übergangen.
Im September 1806 wurde Hölderlin gewaltsam von Homburg nach Tübingen gebracht, wo er bis zu seinem Tod 1843 in einer Stube des heute so genannten Hölderlinturmes lebte. Von den Bad Homburger Wohnhäusern Hölderlins ist keines mehr erhalten.